Die Marokkanerin Shanoun Zineb absolviert spezielle Ausbildung für Menschen mit Migrationshintergrund in Pfinztal

Die 28-jährige Shanoun Zineb übernimmt gemeinsam mit einem Kollegen die mobile Behandlungspflege der Kunden in deren Heim.

Shanoun Zineb setzt sich zu Hella Merx auf das Sofa, um ihr den Blutdruck zu messen. Die fröhliche 95-Jährige aus Pfinztal war ihre Wahlkandidatin für den praktischen Teil zur Ausbildung als Pflegehelferin. „Ich war ganz schön aufgeregt“, erzählt die 28-jährige Marokkanerin.

Zwei Stunden dauerte die Prüfung, bei der es galt, die äußerlichen Vitalzeichen wie Atmung, Herztätigkeit, Bewusstseinszustand und Körpertemperatur zu erfassen. Weiter beinhaltete die Prüfung die Vergabe und Überprüfung der Medikamente bis hin zur Insulinspritze. Anschließend stand die ausführliche Körperpflege mit Duschen und Anziehen auf dem Programm. „Frau Merx achtet sehr auf ihr Äußeres und wünschte sich noch eine neue Frisur und passenden Nagellack“, erzählt Zineb.
Diakoniestation Pfinztal arbeitet mit 150 Pflegekräften

„Rund 600 Kunden werden von der ökumenischen Diakoniestation Pfinztal mit 150 Pflegekräften betreut“, sagt Vorstand Tobias Stein. Der Pflegedienst umfasst die Kurzzeitpflege, mobile Alten- und Krankenpflege, Tagespflege und verschiedene Betreuungsangebote bis hin zum Hospizdienst.

In der im Jahr 2020 erweiterten Seniorenwohnanlage Haus Bühlblick und im Stammhaus Frommel in Söllingen finden 63 Senioren im betreuten Wohnen ein Zuhause. Rund 40 Prozent der Pflegekräfte des Teams kommen aus dem Ausland, so Stein. „Wenn in den nächsten Jahren viele aus dem jetzigen Team in Rente gehen, wird es einen Schlag in der Pflege geben, da es nicht mehr genügend junge Pflegekräfte gibt, um den Bedarf abzudecken“, warnt er.

 

Shanoun Zineb absolviert die zweijährige Ausbildung zur Pflegehilfskraft speziell für Menschen mit Migrationshintergrund, erklärt Steffen Reichert, stellvertretender Pflegedienstleiter. Ein spezieller Schwerpunkt liegt in der Deutschförderung. „Zwei Tage pro Woche geht es an die maxQ Bildungsakademie in Karlsruhe“, so Reichert.

„Bevor ich nach Deutschland gekommen bin, hatte ich in Marokko schon einen Deutschkurs mit A1-Niveau abgeschlossen“, so Zineb, die mittlerweile seit drei Jahren in Deutschland lebt. Nach ihrer Ausbildung zur Schneiderin verfolgte sie das Ziel, eine Au-pair-Stelle zu finden. Sie sei wohl die einzige Marokkanerin, die kein Französisch sprechen könne, meint sie. Bei ihrer Gastfamilie in Wuppertal habe sie sich gleich wohlgefühlt und sie halte weiterhin Kontakt.
Für die mobile Behandlungspflege im Einsatz

„Nach dem Ablauf meiner einjährigen Zeit als Au-pair wollte ich mich weiterbilden und bekam von einer marokkanischen Freundin den Tipp zur Ausbildung in Pfinztal“, so Zineb. Als sie das einwöchige Praktikum bei der Diakonie absolviert hatte, stand ihr Entschluss zur Ausbildung fest. Gemeinsam mit ihrer Cousine bewohnt sie in Pfinztal eine Wohnung. Mit ihrer Ausbildungsvergütung von rund 1.100 Euro komme sie gut zurecht, sagt sie.

Zusammen mit einem Kollegen übernimmt sie die mobile Behandlungspflege der Kunden in deren Heim. „Ja, ich habe hier in Deutschland zum ersten Mal nackte Männer gesehen“, sagt Zineb. Um beim Duschen Hand anzulegen, habe sie erst ihre eigene Scham überwinden müssen. Doch zu unangenehmen Situationen sei es bisher nicht gekommen. Die Leute freuten sich über die Besuche des Pflegeteams, verhielten sich wertschätzend und bedankten sich.

Viel Zeit zum persönlichen Gespräch bleibt dabei nicht, denn die Verweildauer ist eng getaktet und erstreckt sich auf maximal 20 Minuten. Bis zu 15 Hausbesuche absolviert sie täglich.
Marokkanischer Führerschein wird nicht anerkannt

Noch steht für Shanoun Zineb die mündliche und schriftliche Prüfung zu Fragen rund um die Körperhygiene und die wahrnehmbaren, prüf- und messbaren Lebensfunktionen an. Doch sie sei bestens vorbereitet und mache sich keine Sorgen, sagt sie. Ihr größter Wunsch ist es, in Deutschland eine Fahrerlaubnis zu erwerben, um selbst das Fahrzeug im Einsatz steuern zu können. Ihr marokkanischer Führerschein werde hier nicht anerkannt.

„Glücklicherweise ist die Ausbildung zur Altenpflegehelferin für Migranten ab 1. März in Deutschland anerkannt“, sagt Pflegedienstleiter Reichert. Weniger Glück hatte Fadua Boutkrida. Die Marokkanerin konnte nach dem Abschluss ihrer zweijährigen Ausbildung im September 2023 nicht arbeiten, ihr drohte die Abschiebung, so Reichert. Daher habe sie sich entschlossen, von vorn anzufangen und eine dreijährige Ausbildung zur Pflegefachkraft zu absolvieren.

 

Beratung